"Warum Car-HiFi selber einbauen? - Dafür gibts doch Spezialisten"


Meinte einer meiner Kunden, denn er war ja nicht blöd!
Und vertraute sein Auto und sein Geld dem 'Platzhirschen' an . . .

Eines Tages kam ein junger Mann mit seinem Auto samt neu erworbener Car-HiFi-Anlage zu mir, um sie nachbessern zu lassen. Bei dem genannten Gesamtpreis von DM 7.408,40 wurde ich erst mal stutzig: was soll denn da zum Nachbessern sein?
Also wie bereits gesagt, der Kunde ließ sich von einem Fachverkäufer eine völlig schwachsinnige Kombination
aufschwatzen und, weil der Fachverkäufer gleichzeitig als Subunternehmer für den Car-HiFi-Einbau zuständig war,
wurde auch gleich ein Einbautermin (in einer Wellblechgarage hinter dem Fachmarkt) verabredet.

Nachdem wir die Anlage komplett zerlegt und vorschriftsmäßig wieder ins Auto gebaut hatten, fertigte ich folgendes
Schriftstück an. (Der Kunde wollte damit vor Gericht gehen . . .)

 

Martin Sowieso
Dingenskirchener Str. 5
54321 Nirgendwo

Mängelbericht vom 14.12.1994

Sehr geehrter Herr Sowieso!

Bei dem uns überlassenen Fahrzeug samt Auto-Stereo-Anlage sind folgende Mängel festgestellt und behohen worden:

 

1. Kabelsalat im Staufach unter dem Kofferraumboden: Alle zum Betrieb der Anlage benötigten Kabel waren kreuz und quer unter dem Kofferraumboden verstreut und nicht befestigt. Der Sicherungshalter war weder isoliert noch ordnungsgemäß fixiert. (akute Kurzschluß- und Brandgefahr!)


 

2. Geräte notdürftig festgeklebt: Die im Staufach befindlichen Geräte (2 Endstufen sowie 1 CD-Wechsler) waren einfach mit Silikon am Fahrzeugboden angeklebt. Im Reparaturfall müßten die Teile mit roher Gewalt ausgehebelt werden und würden somit beschädigt.

 

3. Kabeldurchführung ohne besondere Schutzmaßnahme: Das Haupt-Pluskabel (10mm²) wurde ohne Schutz durch ein nicht entgratetes Loch im Chassis des Fahrzeugs verlegt. Diese Leitung war nicht abgesichert, d.h. wenn die Isolation durchgescheuert worden wäre, hätte dies mit Sicherheit einen Fahrzeugbrand ausgelöst bzw. die Fahrzeugbatterie zur Explosion gebracht.

 

4. Schlampige Verkabelung: Alle Kabelverbindungen wurden nicht mit der nötigen Sorgfalt durchgeführt, d.h. blanke Stellen an fast allen Kabeln waren die Regel. Besonders gravierend ist dies an stromführenden Kabeln vorgefunden worden.

 

5. Autoradio nicht verkehrssicher befestigt: Das Autoradio 'paßte' nach dem Einbau plötzlich nicht mehr in den dafür vorgesehenen Schacht, der Grund dafür waren zuviele und völlig überflüssige Cinch-Adapter hinter dem Gerät. Der Kunde mußte sich mit einem Autoradio, das ca. 4cm aus dem Armaturenbrett ragte, zufrieden geben.

 

6. Autotelefon und Instrumentenbeleuchtung beschädigt: Nach dem Einbau der Auto-HiFi-Anlage war das D-Netz-Telefon defekt, die Beleuchtung der Zusatz-Instrumente ausgefallen. Beides mußte kostenpflichtig repariert werden.

 

7. Eigenmächtiger Tausch des Soundprozessors: Weil der Einbauer keinen Platz für den Soundprozessor des Kunden fand, tauschte er das Gerät eigenmächtig gegen 'Kleinmaterial' um, unter anderem zwei LAURIN Lautsprecherkabel je 4m für zusammen DM 590.- (in Worten: fünfhundertneunzig Mark!). Ein gutes Lautsprecherkabel zum Meterpreis von ca. DM 6.- hätte es auch getan.

 

8. Kosten, Dauer und Gesamteindruck des Einbaus: Die Einbaukosten betrugen DM 1920.- (ohne detaillierte Rechnung, siehe Kopie). Der Einbau wurde in der vorgegebenen Zeit von drei (!) Tagen nicht fertiggestellt. Der Kunde mußte sein Fahrzeug zur Nachbesserung noch einen weiteren Tag zur Verfügung stellen. Die Qualität des Einbaus hätte jeder versierte Hobby-Elektroniker um Klassen übertroffen, sogar wenn er nur einen Tag Zeit gehabt hätte. Zusammenfassend ist die Durchführung als Pfusch zu bezeichnen.


gez.
Lothar Kolb Dipl.-Ing. (FH)

Anlagen: 7 Bilder vom Einbau, 3 Kopien der Rechnungen

Die ganze Aktion kostete den Kunden bei uns noch mal DM 500 für Arbeitsaufwand und Kleinmaterial.

Die Anlage funktionierte dann wie ursprünglich eigentlich vorgesehen.
Ob der Kunde vor Gericht ging und den bei ihm entstandenen Schaden einklagte, weiß ich leider nicht . . .